Die deutsche Kolonialzeit gilt oft als kurzes, relativ harmloses und längst verdrängtes Kapitel der Geschichte. Hartnäckig hält sich der Mythos, Deutschland sei eine vergleichsweise humane Kolonialmacht gewesen. Doch ein genauerer Blick offenbart eine weitaus gewalttätigere und systematischere Ausbeutung als gemeinhin angenommen. Hier einige Fakten, die dieses Bild zurechtrücken.
1. Die Berliner Konferenz hat Afrika nicht aufgeteilt – sie tat etwas Schlimmeres
Der Glaube, auf der „Kongo-Konferenz“ 1884/85 hätten die europäischen Mächte Afrika am Reißbrett aufgeteilt, ist ein weitverbreiteter Irrtum. Tatsächlich legte die Konferenz lediglich die Regeln fest, nach denen die europäischen Mächte den Kontinent unter sich aufteilen konnten, ohne in Konflikt miteinander zu geraten. Die Souveränität afrikanischer Staaten wurde dabei komplett ignoriert. Philanthropische Ziele wie die „Zivilisierung“ dienten nur als Rhetorik für die europäische Öffentlichkeit. Der Schriftsteller Joseph Conrad, der die Zustände im Kongo selbst bereist hatte, bezeichnete die Aufteilung des afrikanischen Kontinents in Berlin als: „die ekelhafteste Rangelei um Beute, die jemals die Geschichte des menschlichen Gewissens verunstaltete“.
2. Der Mythos der „Musterkolonie“ Togo
Togo wurde lange als humane „Musterkolonie“ gepriesen. Dieser Ruf basierte jedoch nicht auf einer fortschrittlichen Verwaltung, sondern allein darauf, dass Togo als einzige deutsche Kolonie profitabel war und den Reichshaushalt nicht belastete. Dieser „Erfolg“ wurde durch massive Repression erkauft: Zwangsarbeit, rigide Steuereintreibungen und ein hartes Justizsystem waren an der Tagesordnung. Eine vielsagende Tatsache: Die Deutschen bauten in Togo mehr Gefängnisse als Schulen.
3. „Strafexpeditionen“: Systematische Gewalt als Herrschaftsprinzip
Sogenannte „Strafexpeditionen“ waren kein Mittel der Gerechtigkeit, sondern ein systematisches Herrschaftsinstrument. Ihr Ziel war kollektive Bestrafung, die Verbreitung von Angst und die Wahrung des kolonialen „Prestiges“. Hunderte dieser brutalen Militäroperationen wurden in Afrika und Ozeanien durchgeführt, oft mit dem Ziel der massenhaften Tötung und der Zerstörung von Lebensgrundlagen. Die Forschung von Alexander Krug fasst das Ziel einer solchen Expedition mit erschreckender Deutlichkeit zusammen: „Der Hauptzweck ist die Tötung von Kanaken“.
4. Vom Schlachtfeld in die Museumsvitrine
Die Gewalt der „Strafexpeditionen“ ist bis heute in deutschen Museen sichtbar. Bei einer Militäraktion auf der Insel Pak im August 1899 plünderten deutsche Truppen wertvolle Kulturgüter wie Trommeln und Hauspfosten für das Berliner Völkerkundemuseum. Unmittelbar danach brannten sie die Dörfer nieder. Diese als „Kriegsbeute“ deklarierten Objekte befinden sich noch immer in deutschen Sammlungen und machen die gewaltsame koloniale Vergangenheit greifbar.
Ein Kampf um die Erinnerung
Deutschlands koloniale Vergangenheit war kurz, aber intensiv gewalttätig und ausbeuterisch. Ihr Erbe ist alles andere als aufgearbeitet. Aktuelle Debatten im Bundestag über die Restitution von Kulturgütern und die Einrichtung von Lernorten zeigen, wie relevant dieses Thema heute noch ist. Es bleibt ein andauernder Kampf um die angemessene Erinnerung. Welche Verantwortung tragen wir heute, um uns diesem verdrängten Erbe zu stellen?
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