Auf dem Papier selbstständig, in der Realität abhängig beschäftigt: Millionen Plattformarbeitende in der EU kennen dieses Dilemma. Sie fahren Menschen oder liefern Essen aus, ohne dabei die Rechte eines regulären Arbeitsverhältnisses zu genießen. Stattdessen sind sie fremdbestimmt durch Apps, Algorithmen und Geschäftsmodelle, die Verantwortung und Risiko konsequent auf die Einzelnen abwälzen.
Die EU hat nun eine Kehrtwende eingeleitet. Künftig gilt: Wer wie eine angestellte Person arbeitet, ist auch eine – mit Anspruch auf Sozialversicherung, Lohnfortzahlung und Kündigungsschutz. Eine entscheidende Neuerung dabei ist die Umkehr der Beweislast. Nicht mehr die Beschäftigten müssen mühsam nachweisen, dass sie keine Selbstständigen sind. Die Plattformen selbst müssen belegen, dass ihre Arbeitskräfte tatsächlich unternehmerisch tätig sind.
Damit verschiebt sich das Machtgefüge – wenn auch vorsichtig. Denn der digitale Kapitalismus lebt davon, Arbeitskraft flexibel einzusetzen und Verantwortung zu externalisieren. Mit der neuen EU-Regelung werden diese Mechanismen erstmals systematisch infrage gestellt.
Plattformarbeit wächst seit Jahren. Wenn der Algorithmus als „Chef:in“ agiert, bleiben Entscheidungswege intransparent. Die Beschäftigten wissen oft nicht, nach welchen Kriterien Aufträge vergeben oder Vergütungen angepasst werden. Hier schafft die EU-Regulierung zumindest ein Mindestmaß an Transparenz und Rechtssicherheit.
Ob daraus ein echter Schutzschirm wird, hängt von der Umsetzung ab – von den Gerichten, aber auch vom politischen Willen, diese Rechte tatsächlich durchzusetzen. Sicher ist nur: Der Schritt war überfällig. Denn ein moderner Arbeitsmarkt darf nicht zulassen, dass Digitalisierung zum Einfallstor für den Abbau von Arbeitnehmerrechten wird.
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