Direkt zum Hauptbereich

Ostdeutschland im Stresstest: Kowalczuk warnt vor autoritärem Wandel – was das für unsere Demokratie bedeutet


Der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk hat in einem Interview mit t-online vom 22.8.2025 eine klare Diagnose gestellt: Deutschland steht an der Schwelle zu einem autoritären Zeitalter. Ostdeutschland sei dabei weniger Sonderfall, sondern eher Brennglas. Die AfD-Erfolge, das Misstrauen gegenüber Institutionen und eine anhaltende Selbststilisierung als Opfer verstärken die Spannungen.

Kowalczuk wendet sich gegen die „Ostdeutschtümelei“, die ein Gefühl dauerhafter Benachteiligung pflegt. Er verweist darauf, dass Rassismus in der DDR zwar offiziell negiert, aber real vorhanden war – ein Erbe, das bis heute nachwirkt. Seine Analyse ist unbequem, aber notwendig.

Forschungen wie die Leipziger Autoritarismus-Studie und der Deutschland-Monitor bestätigen: Die Zustimmung zur Demokratie ist hoch, die Zufriedenheit mit ihrem Funktionieren aber gerade im Osten deutlich niedriger. In dieser Lücke gewinnen einfache Antworten und autoritäre Versuchungen an Boden. Die jüngsten Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg haben das gezeigt.

Was folgt daraus? Erstens: Erinnerungspolitik muss unbequeme Wahrheiten benennen – auch die verdrängten Seiten der DDR. Zweitens: Demokratie braucht Praxis, nicht nur Bekenntnisse. Bürgerräte, Beteiligung mit echten Folgen und sichtbare Repräsentation von Ostdeutschen in Führungsrollen sind zentrale Hebel. Drittens: Politik muss besser erklären, gerade bei außen- und sicherheitspolitischen Fragen. Nur so entsteht Vertrauen, dass Entscheidungen nachvollziehbar und gerecht sind.

Die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt im September 2026 wird ein weiterer Prüfstein. Doch die eigentliche Herausforderung ist grundsätzlicher: Demokratie darf nicht als selbstverständlich hingenommen werden. Sie muss täglich erfahrbar bleiben – im Osten wie im Westen.


 

💬 Hinweis für Redaktionen und Blogbetreiber

Wenn Sie diesen Beitrag informativ finden, dürfen Sie ihn gerne zitieren oder verlinken.

Ich freue mich über jede Weiterverbreitung und sachliche Diskussion.

❦ Bitte geben Sie bei Übernahme die Quelle an:
meinekommentare.blogspot.com

*Hinweis gemäß Art. 52 DSA (digital service act der EU) – seit 01.08.2025 verpflichtend: Das verwendete Bild- und Grafikmaterial ist KI-generiert. Ausnahmen sind unter dem jeweiligen Objekt gekennzeichnet.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Mit Vollgas in die Bedeutungslosigkeit – Der Bundesparteitag der SPD, Juni 2025

Vom 27. bis 29. Juni 2025 versammelt sich die SPD in einer Halle irgendwo zwischen pragmatischer Verzweiflung und nostalgischem Sozialdemokratieschmerz zum Bundesparteitag. Man nennt es ein "Zusammenkommen", obwohl der innere Zustand der Partei eher an einen Stuhlkreis mit Flipchart erinnert, auf dem in roter Filzschrift steht: "Wir schaffen das – irgendwann". Thema des Parteitags: "Zukunft gestalten" – was ungefähr so viel Substanz hat wie ein feuchter Toast mit Aufdruck "Mut zur Mitte". Der Parteivorstand wird vermutlich mit PowerPoint-Präsentationen versuchen, dem Parteivolk zu erklären, warum 14% in den Umfragen ein Erfolg sind und wie man das als Mandat zur Regierungsführung deuten könnte. Olaf Scholz, der immer noch wirkt wie ein humanoider Ausdruck eines Behördenschreibens aus den 90ern, wird mit Lars Klingbeil ein "Zeichen der Erneuerung" setzen, indem er exakt dasselbe sagt wie 2021, nur diesmal mit leicht verzweifeltem Augenau...

Braucht Deutschland einen Veteranentag?

Deutschland hat jetzt also tatsächlich einen Veteranentag eingeführt. Wunderbar. Nur 80 Jahre nach Kriegsende, man will sich ja nicht hetzen. Seit 2025 begeht Deutschland nun offiziell einen Veteranentag – jedes Jahr am 15. Juni oder am davorliegenden Wochenende. Ein historischer Schritt in einem Land, das sich schwer damit tut, sein Verhältnis zum Militär neu zu denken. Doch so richtig angekommen ist dieser Tag in der gesellschaftlichen Mitte noch nicht. Der Veteranentag soll Soldatinnen und Soldaten würdigen, die in Auslandseinsätzen gedient haben – als Anerkennung für ihre oft übersehene Leistung.  Doch statt Applaus herrscht vielerorts Achselzucken. Der Begriff „Veteran“ klingt für viele Deutsche noch immer nach amerikanischem Pathos, nach Kriegsverherrlichung, nicht nach Fürsorge und gesellschaftlicher Verantwortung. Die Frage ist also nicht mehr,  ob  Deutschland einen Veteranentag braucht – sondern  wie  es diesen Tag mit Inhalt füllt. Ein Veteranentag da...

"Stolzmonat" als rechte Hetzkampagne gegen den Pride Month

  Gestern endete der Juni, weltweit als Pride Month bekannt – ein Monat, in dem queere Menschen ihre Identität feiern, Sichtbarkeit fordern und gegen Diskriminierung demonstrieren. Mit Paraden, kulturellen Veranstaltungen und politischen Aktionen erinnern LGBTQIA+-Gemeinschaften und ihre Unterstützer an die Stonewall-Aufstände von 1969 in New York – ein Wendepunkt im Kampf für die Rechte sexueller und geschlechtlicher Minderheiten. Doch seit einigen Jahren wird der Pride Month gezielt von rechtspopulistischen und extrem rechten Akteuren angegriffen. Eine besonders perfide Strategie rechtsextremer und rechtspopulistischer Akteure ist die Erfindung eines sogenannten „Stolzmonats“ (englisch: "Straight Pride Month"), der als vermeintlich gleichwertiges Gegenstück zum Pride Month inszeniert wird. Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich jedoch eine gezielte homofeindliche Kampagne, die in ideologischer Nähe zu kulturkämpferischen, autoritär geprägten Weltbildern steht und bewusst d...