Direkt zum Hauptbereich

Hausdurchsuchung bei Juso-Vorsitzender in Menden: Rechtsstaat oder politisches Versagen?


Ich sitze hier im bajuwarischen Süden und frage mich ernsthaft, ob wir noch in einem funktionierenden Rechtsstaat leben – oder in einem Land, in dem politische Macht längst in die Justiz hineinragt. Was in Menden geschehen ist, wirkt wie ein schlechter Witz, wäre es nicht so erschreckend real.

Eine 17-jährige Schülerin, politisch engagiert bei den Jusos, mitten in den Abiturvorbereitungen – und plötzlich steht die Polizei vor der Tür. Durchsuchungsbefehl, Beschlagnahmung von Laptop, Handy und Notizbüchern. Der Vorwurf? Schmierereien an einer Schützenhalle, an der Friedrich Merz wenige Wochen zuvor auftrat. So also behandelt man Jugendliche, die sich für Politik interessieren: Man macht sie zu Verdächtigen, kriminalisiert sie, stellt sie bloß.

Und wofür? Für einen Verdacht, der so dünn war, dass man sich nur fragen kann, wie ein Gericht diesen Unsinn überhaupt absegnen konnte. Eine Zeugin, die „zwei junge Personen“ gesehen haben will, ohne Namen, ohne Beschreibung. Ein anonymer Zettel mit einem Namen drauf. Das reichte. Das Landgericht Arnsberg sprach später von „rechtsstaatlich bedenklich“ – und erklärte den Beschluss für rechtswidrig. Anders gesagt: Ein Justizskandal.

Doch es geht noch tiefer. Es geht um die Frage, wie unabhängig diese Justiz tatsächlich ist. Denn das Amtsgericht, das die Durchsuchung genehmigte, wird von Charlotte Merz geleitet – der Ehefrau des CDU-Vorsitzenden und Bundeskanzlers. Natürlich bestreitet sie jede Einflussnahme. Aber was bleibt, ist der fatale Eindruck: Ein Verfahren, das den politischen Gegner trifft, genehmigt von der Richterin mit direktem familiärem Draht zur CDU-Spitze. Allein das hätte nie passieren dürfen. Unabhängigkeit sieht anders aus.

Noch absurder wird es mit Wolfgang Exler. Kriminalbeamter, CDU-Kommunalpolitiker, stellvertretender Bürgermeister – und obendrein Vorstandsmitglied des Schützenvereins, dessen Halle betroffen war. Offiziell nicht zuständig, aber trotzdem befragt er Zeuginnen und unterschreibt Ermittlungsberichte. Ein CDU-Mann ermittelt in eigener Sache gegen eine Juso-Jugendliche. Das ist kein Zufall, das ist ein Muster. Ein offensichtlicher Missbrauch der Rolle, und genau solche Verquickungen zerstören das Vertrauen in den Rechtsstaat.

Und die CDU schweigt. Kein Wort der Distanzierung, kein Eingeständnis von Fehlern, kein Bewusstsein für die Brisanz. Stattdessen lässt man die SPD den Skandal skandalisieren. Frederick Cordes spricht von „völlig versagenden Kontrollmechanismen“, Sarah Philipp und Achim Post fordern Aufklärung. Recht so. Aber wo ist die Selbstkritik der CDU? Wo ist die klare Botschaft, dass Justiz niemals parteipolitisch instrumentalisiert werden darf?

Die Wahrheit ist bitter: Dieser Fall zeigt, wie eng Politik und Institutionen in Deutschland miteinander verflochten sind – und wie schnell die Unabhängigkeit ins Wanken gerät, wenn es um Machtinteressen geht. Wer glaubt, es handle sich nur um ein „juristisches Missverständnis“, verschließt die Augen. Hier wird sichtbar, dass politische Nähe und parteiliche Loyalität längst Einzug in Bereiche genommen haben, die eigentlich unantastbar sein müssten.

Es geht nicht um Graffiti. Es geht um Machtmissbrauch. Um den Versuch, ein Exempel an einer Minderjährigen zu statuieren. Und um eine CDU, die sich nicht einmal bemüht, den Eindruck politischer Einflussnahme zu entkräften.

Die Frage ist nicht mehr, ob die Justiz hier versagt hat. Sie hat. Die Frage ist, ob wir uns damit abfinden, dass das System CDU bis in die Institutionen hineinwirkt – oder ob wir bereit sind, den Rechtsstaat gegen solche Einflussnahmen zu verteidigen.

Meine Quellen:

https://www.zeit.de/politik/deutschland/2025-09/sauerland-hausdurchsuchung-rechtswidrig-spd-minderjaehrige-friedrich-merz

https://www.zdfheute.de/politik/deutschland/spd-politikerin-merz--graffiti-durchsuchung-rechtswidrig-100.html

https://www.spiegel.de/panorama/justiz/friedrich-merz-illegale-durchsuchung-bei-juso-politikerin-im-sauerland-a-a85b63ed-5011-4a4b-987d-8ba45a885483

https://www.morgenpost.de/politik/article409951380/nach-merz-graffiti-illegale-hausdurchsuchung-bei-spd-politikerin.html

 

💬 Hinweis für Redaktionen und Blogbetreiber

Wenn Sie diesen Beitrag informativ finden, dürfen Sie ihn gerne zitieren oder verlinken.

Ich freue mich über jede Weiterverbreitung und sachliche Diskussion.

❦ Bitte geben Sie bei Übernahme die Quelle an:
meinekommentare.blogspot.com

*Hinweis gemäß Art. 52 DSA (digital service act der EU) – seit 01.08.2025 verpflichtend: Das verwendete Bild- und Grafikmaterial ist KI-generiert. Ausnahmen sind unter dem jeweiligen Objekt gekennzeichnet.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Mit Vollgas in die Bedeutungslosigkeit – Der Bundesparteitag der SPD, Juni 2025

Vom 27. bis 29. Juni 2025 versammelt sich die SPD in einer Halle irgendwo zwischen pragmatischer Verzweiflung und nostalgischem Sozialdemokratieschmerz zum Bundesparteitag. Man nennt es ein "Zusammenkommen", obwohl der innere Zustand der Partei eher an einen Stuhlkreis mit Flipchart erinnert, auf dem in roter Filzschrift steht: "Wir schaffen das – irgendwann". Thema des Parteitags: "Zukunft gestalten" – was ungefähr so viel Substanz hat wie ein feuchter Toast mit Aufdruck "Mut zur Mitte". Der Parteivorstand wird vermutlich mit PowerPoint-Präsentationen versuchen, dem Parteivolk zu erklären, warum 14% in den Umfragen ein Erfolg sind und wie man das als Mandat zur Regierungsführung deuten könnte. Olaf Scholz, der immer noch wirkt wie ein humanoider Ausdruck eines Behördenschreibens aus den 90ern, wird mit Lars Klingbeil ein "Zeichen der Erneuerung" setzen, indem er exakt dasselbe sagt wie 2021, nur diesmal mit leicht verzweifeltem Augenau...

Braucht Deutschland einen Veteranentag?

Deutschland hat jetzt also tatsächlich einen Veteranentag eingeführt. Wunderbar. Nur 80 Jahre nach Kriegsende, man will sich ja nicht hetzen. Seit 2025 begeht Deutschland nun offiziell einen Veteranentag – jedes Jahr am 15. Juni oder am davorliegenden Wochenende. Ein historischer Schritt in einem Land, das sich schwer damit tut, sein Verhältnis zum Militär neu zu denken. Doch so richtig angekommen ist dieser Tag in der gesellschaftlichen Mitte noch nicht. Der Veteranentag soll Soldatinnen und Soldaten würdigen, die in Auslandseinsätzen gedient haben – als Anerkennung für ihre oft übersehene Leistung.  Doch statt Applaus herrscht vielerorts Achselzucken. Der Begriff „Veteran“ klingt für viele Deutsche noch immer nach amerikanischem Pathos, nach Kriegsverherrlichung, nicht nach Fürsorge und gesellschaftlicher Verantwortung. Die Frage ist also nicht mehr,  ob  Deutschland einen Veteranentag braucht – sondern  wie  es diesen Tag mit Inhalt füllt. Ein Veteranentag da...

"Stolzmonat" als rechte Hetzkampagne gegen den Pride Month

  Gestern endete der Juni, weltweit als Pride Month bekannt – ein Monat, in dem queere Menschen ihre Identität feiern, Sichtbarkeit fordern und gegen Diskriminierung demonstrieren. Mit Paraden, kulturellen Veranstaltungen und politischen Aktionen erinnern LGBTQIA+-Gemeinschaften und ihre Unterstützer an die Stonewall-Aufstände von 1969 in New York – ein Wendepunkt im Kampf für die Rechte sexueller und geschlechtlicher Minderheiten. Doch seit einigen Jahren wird der Pride Month gezielt von rechtspopulistischen und extrem rechten Akteuren angegriffen. Eine besonders perfide Strategie rechtsextremer und rechtspopulistischer Akteure ist die Erfindung eines sogenannten „Stolzmonats“ (englisch: "Straight Pride Month"), der als vermeintlich gleichwertiges Gegenstück zum Pride Month inszeniert wird. Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich jedoch eine gezielte homofeindliche Kampagne, die in ideologischer Nähe zu kulturkämpferischen, autoritär geprägten Weltbildern steht und bewusst d...