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Verantwortung heißt auch: Nein sagen können


Ein Kommentar zur Entscheidung der SPD-Bundestagsfraktion (Bezug: Frauke Brosius-Gersdorf hat sich zurückgezogen. Die Juristin wird nicht mehr für den Posten als Verfassungsrichterin kandidieren.)

„So etwas darf einfach nicht nochmal passieren.“ So äußerte sich SPD-Chef Lars Klingbeil zur Entscheidung der Union, ein vom Bundesverfassungsgericht angeordnetes Bundestagsmandat zu ignorieren. Die Aussage klingt entschlossen – aber letztlich bleibt sie kraftlos. Denn eine Frage steht unausweichlich im Raum: Warum hat die SPD-Bundestagsfraktion das eigentlich zugelassen?

Hier geht es nicht um Parteitaktik. Es geht um etwas viel Größeres: die Autorität des höchsten Gerichts unseres Landes. Wenn CDU und CSU der Meinung sind, dass sie sich über ein rechtskräftiges Urteil hinwegsetzen können – und der Bundestag das schweigend hinnimmt –, dann wankt mehr als nur ein politisches Gleichgewicht. Dann stehen verfassungsrechtliche Grundpfeiler zur Diskussion.

Gerade deshalb wiegt das Verhalten der SPD so schwer. Sie hätte sich querstellen müssen. Klare Kante zeigen. Nicht ausweichen, sondern einstehen – für die Verfassung, für das Recht, für die Demokratie. Selbst wenn das bedeutet hätte, die Union öffentlich zu konfrontieren.  

Doch was geschah? Schweigen. Nachgeben. Weitermachen, als wäre nichts gewesen.

Verantwortung bedeutet eben mehr, als nur mitzuregieren. Es bedeutet, auch dann Haltung zu zeigen, wenn es unbequem wird. Wer die Demokratie schützen will, kann ihre Aushöhlung nicht dulden – erst recht nicht aus Angst, den Burgfrieden im Parlament zu stören oder künftige Koalitionen zu gefährden.

Und da stellt sich mir die Frage: Was muss ich als SPD-Mitglied eigentlich noch alles schlucken?

 

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