Früher traf man die Klugscheißer und Hobby-Epidemiologen ja noch in freier Wildbahn – Kneipen, Bushaltestellen, Elternabende. Heute sind sie alle da, wo’s richtig knallt: bei Fäissbuck, dem digitalen Rummelplatz für alle, die glauben, ein Smartphone mache sie zu Professor Drosten mit Kommentarspalte.
Fäissbuck ist quasi die BILD-Zeitung für Leute, die das Gefühl haben, sie könnten mit Technik umgehen – aber sich wundern, warum ihre Mikrowelle nicht auf „Chrome“ läuft. Ein Portal, das aussieht, als hätte ein ergrauter Windows-95-Admin einen Nervenzusammenbruch mit HTML-Codes gehabt – aber hey, es funktioniert. Irgendwie. Zumindest zum Posten von verschwommenen Fotos von Frühstücksbrötchen und Wutbürger-Gedichten in Comic Sans.
Und dann diese Beiträge! „Ich bin ja kein Rassist, aber…“ – der klassische Einstieg in ein Argument, das mit einem 480p-Foto von einer angeblich brennenden Mülltonne aus Buxtehude unterlegt ist, versehen mit der Caption: "DIE WAHRHEIT WIRD EUCH VERBOTEN!!1!" Willkommen im Reich der selbst ernannten Aufklärer, die glauben, weil sie mal einen Link von "WahrheitsNews.666" geteilt haben, könnten sie jetzt den Pulitzer-Preis im Querdenken gewinnen.
Fäissbuck ist auch der einzige Ort, wo ein gelernter Heizungsinstallateur aus Wanne-Eickel plötzlich zum Außenpolitik-Experten mutiert, nur weil er ein 13-Sekunden-Video aus Tikrit gesehen hat – mit russischer Übersetzung, arabischen Untertiteln und dem Vermerk: „Die Lügenpresse verschweigt DAS!“ Und wer widerspricht, wird sofort blockiert, gemeldet oder in einen 600-Kommentare-langen Shitstorm hineingezogen, der intellektuell auf dem Niveau eines verbalen Wrestling-Matches zwischen einer Gartenschere und einem Klappstuhl stattfindet.
Die Krönung: die „Freundeslisten“. Ja, nirgends erfährt man schneller, wer endgültig in die digitale Klapse eingezogen ist, als wenn wieder jemand postet: „Ich räume auf! Wer nicht meiner Meinung ist, kann mich jetzt löschen!“ Und darunter 48 Kommentare mit „Bleib stark, Bruder!“ – von Menschen, die seit 2009 vergessen haben, ihr Profilbild zu ändern. Fäissbuck, das ist die einzige Plattform, auf der jemand eine Grafik posten kann, in der Bill Gates, der Vatikan und ein Reptiloid gemeinsam eine 5G-Mast taufen – und irgendwer in den Kommentaren ernsthaft schreibt: „Ja, hab ich auch gehört. Steht bei Telegram.“ Und dazwischen? Katzenbilder. Immerhin etwas Realitätssinn.
Kurz gesagt: Fäissbuck ist wie ein digitaler Basar der kognitiven Dissonanz. Die einen schreien „Zensur!“, während sie frei ihre Meinung grölen. Die anderen teilen drei Kettenbriefe pro Tag und fragen sich dann, warum niemand mehr auf ihre Grillparty kommt. Aber keine Sorge. Solange sie dort ihre Meinung in Großbuchstaben schreiben, bleibt der Rest von uns wenigstens draußen in Sicherheit. Oder wie man auf Fäissbuck sagt: „Teilen, bevor SIE es löschen!!“
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