Am 14. September ist es wieder so weit: In Nordrhein-Westfalen wird gewählt. Nicht Kanzler, nicht Papst – nein, sondern etwas viel Erdigeres: unsere Kommunalvertretungen. Und damit rückt ein oft unterschätzter Akteur wieder ins Rampenlicht – der Kommunalpolitiker. Grund genug, dieses selten gewürdigte Wesen einmal näher zu betrachten.
Nah dran – und doch irgendwie weit weg?
Der Kommunalpolitiker ist der Mann oder die Frau für alles. Er kennt jedes Schlagloch persönlich, weiß, wo in der dritten Querstraße die Laterne flackert – und wird bei Facebook prompt zur Verantwortung gezogen, wenn der Müll nicht rechtzeitig abgeholt wird. Seine Kompetenzen reichen theoretisch von A wie Abwasser bis Z wie Zaunhöhe – und praktisch meist bis zur nächsten Sitzung des Stadtrates.
Er ist allgegenwärtig, vor allem in Wahlkampfzeiten: auf Flyern, an Laternenmasten, im Wochenmarkt-Gespräch. Mit freundlichem Blick und griffigem Slogan („Für unsere Stadt! Für unsere Leute!“) verspricht er mehr Sitzbänke, bessere Radwege und – unausgesprochen – dass sich sonst möglichst wenig verändert.
Grill statt Grundsatz
Das eigentliche Epizentrum kommunalpolitischer Überzeugungsarbeit ist jedoch nicht das Wahlprogramm, sondern der Grillstand. Wer keine Bratwurst anbietet, wird nicht ernst genommen. Wer Veggie-Wurst auslegt, wird misstrauisch beäugt. Politik geht hier durch den Magen – und selten darüber hinaus.
Natürlich darf auch der Infoflyer nicht fehlen: vier Seiten, auf denen sich zwischen Fotos vom Vereinsfest und einem Dank an den Angelverein irgendwo der Satz „Wir hören Ihnen zu“ versteckt. Ob das tatsächlich stimmt? Zumindest zwischen 10:00 und 12:30 Uhr am Samstagvormittag vor dem Edeka: ja.
Der kleine Ministerpräsident von nebenan
Manche Kommunalpolitiker träumen groß. Sie sprechen im Stadtrat, als säßen sie im Bundesrat. Dann wird über „urbane Mobilitätswenden“ gesprochen, während es eigentlich um die Ampelschaltung an der Grundschule geht. Oder es wird die Weltlage bemüht, wenn der Förderantrag für den Skatepark zur Debatte steht. Der Lokalpolitiker als geopolitischer Prophet – auch das gehört zur Folklore.
Ein bisschen Respekt, bitte
Man kann darüber schmunzeln. Aber man sollte auch nicht vergessen: Kommunalpolitik ist das Rückgrat unserer Demokratie. Dort, wo nicht große Reden, sondern kleine Kompromisse zählen. Wo sich Menschen ehrenamtlich für ihre Kommune engagieren, oft ungedankt, manchmal beschimpft, selten gefeiert. Sie verdienen nicht nur unseren Spott – sondern auch unsere Stimme.
Deshalb mein Appell:
Geht am 14. September 2025 zur Wahl.
Nicht, weil alles perfekt ist. Sondern weil es ohne euch noch schlechter wird.
Und vielleicht auch, weil es irgendwo noch einen Kommunalpolitiker gibt, der wirklich zuhört – sogar zwischen Senf und Ketchup.

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