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Digitalisierung in der deutschen Verwaltung ist wie ein ICE mit Dampfantrieb

Ich habe also mal wieder das legendäre Verwaltungsroulette gespielt. Statt brav Parkgebühren zu entrichten, habe ich mir gedacht: „Wozu? Wahrscheinlich ist das Risiko günstiger.“ Und die deutsche Verwaltung? Sie hat wie immer mit der Grazie eines DOS-Rechners von 1993 zurückgeschlagen.

Man stelle sich vor: ein digitales Parksystem, bei dem man tatsächlich online bezahlen kann – ohne Faxgerät, ohne Warteschleife, ohne dass das System um 17 Uhr Feierabend macht. Aber nein! Die deutsche Verwaltung hat Digitalisierung nicht verschlafen – sie hat sie mit einem Keuschheitsgürtel versehen und den Schlüssel in ein Leitz-Ordnerarchiv geworfen.

Wer braucht schon funktionierende digitale Services, wenn man stattdessen drei Formulare ausdrucken, mit blauer Tinte unterschreiben und per Brieftaube zurücksenden kann? Wenn Kafka heute leben würde, er würde sagen: „Das ist mir zu absurd.“

Ich habe also ein Knöllchen bekommen, weil ich clever gerechnet habe. Parkgebühren? Teurer als das Bußgeld! Eine ökonomische Entscheidung – in einem Land, in dem Wirtschaftlichkeit sonst nur bei Sozialkürzungen zur Anwendung kommt. Und das Ticket kommt nicht etwa per App, nein, sondern ein paar Wochen später per Post – mit der Präzision einer Schnecke im Gegenwind. Und wehe, du willst Einspruch erheben – dann brauchst du einen Drucker, ein Faxgerät und vermutlich einen Geistheiler.

Digitale Verwaltung in Deutschland? Das ist wie ein sprechender Kühlschrank – theoretisch beeindruckend, praktisch kommt trotzdem kein Essen raus.

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