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Boomer-Soli: Generationengerechtigkeit oder populistischer Irrweg?


In jüngeren Debatten taucht ein Begriff auf, der provoziert und polarisiert: der Boomer-Soli. Gemeint ist damit die Idee, die Babyboomer-Generation – also jene, die zwischen 1946 und 1964 geboren wurde – über eine zusätzliche Abgabe stärker an den gesellschaftlichen Folgekosten des demografischen Wandels zu beteiligen. Das Narrativ: Die Boomer hätten von Jahrzehnten des Wachstums, stabiler Renten und eines vergleichsweise wohlhabenden Sozialstaats profitiert – und sollten nun, im Zeichen klammer öffentlicher Kassen, stärker zur Kasse gebeten werden.

Der Vorschlag ist kein Gesetzesvorhaben, sondern ein Debattenimpuls. Doch er legt den Finger auf eine offene Wunde: die zunehmende soziale und finanzielle Schieflage zwischen den Generationen. Während junge Menschen mit steigenden Mieten, unsicheren Arbeitsverhältnissen und Klimafolgen leben müssen, fließen jährlich über 100 Milliarden Euro an Rentenzahlungen – zu einem erheblichen Teil ohne eigene Rücklagen.

Und doch bleibt Skepsis geboten. Nicht alle Boomer sind reich, nicht alle Jungen arm. Die gesellschaftliche Spaltung verläuft heute stärker zwischen Vermögenden und Besitzlosen als zwischen Alt und Jung. Ein pauschaler „Generationen-Soli“ droht, mehr Ressentiments zu erzeugen als Gerechtigkeit zu schaffen.

Was bleibt? Die Diskussion ist wichtig – aber sie sollte differenzieren. Statt symbolischer Schlagbäume zwischen den Jahrgängen braucht es eine ernsthafte Debatte über Vermögensbesteuerung, faire Rentenfinanzierung und solidarisches Wirtschaften. Die Probleme sind real. Lösungen müssen es auch sein.

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Kommentare

  1. Hurra! Die Lösung aller Probleme ist da: der Boomer-Soli. Statt Konzerngewinne zu besteuern oder Erbschaften gerecht zu regeln, schröpfen wir einfach die Rentner – die mit dem Häuschen von ’74 und dem Ford Focus. Sie haben ja Jahrzehnte lang im Schweiße ihres Angesichts… na ja, egal. Hauptsache, die Jugend kann weiter Netflixen und Latte trinken, während Opa für die Klimakrise, Schulden und schlechte Laune zahlt. Endlich ein Feindbild, das nicht klagt und schlecht mobilisiert. Bravo, Generation Gerechtigkeit – ihr habt’s wirklich verstanden.

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