Direkt zum Hauptbereich

90 Minuten Sommerinterview mit Friedrich Merz: Politisches Leerlauf-Theater im Hochglanzformat

Stell dir vor: 90 Minuten Sommerinterview mit Friedrich Merz. Neunzig. Ganze. Minuten. Ja, ich hab es mir zugemutet. Das ist länger als ein durchschnittlicher Zahnarzttermin, aber mindestens genauso unangenehm. Da sitzt also Merz, der wandelnde Aktienkurs in Anzugform, und erzählt uns mal wieder, wie er Deutschland retten will – natürlich nicht vor den Dingen, die wirklich schieflaufen, sondern eher vor der Möglichkeit, dass jemand irgendwo auf die Idee kommen könnte, ihm nicht zuzustimmen.

Was erwartet man von so einem Interview? Spannende Einblicke? Tiefgründige Gedanken? Ha, nein. Es ist wie ein politischer Autopilot: Ein bisschen über Steuern, ein bisschen über die bösen Grünen, und dann eine Prise „Früher war alles besser“ – also damals, als Fritz Merz noch sicher war, dass niemand ihn jemals zum Bundeskanzler machen würde.

Die Interviewer sitzen da wie höfliche Gastgeber bei einem schlechten Abendessen, nicken brav und hoffen, dass er nicht wieder eine seiner berüchtigten „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“-Nummern abzieht. Und der Zuschauer? Der sitzt zuhause, schaut auf die Uhr und fragt sich, wie man 90 Minuten so perfekt verschwenden kann, dass selbst Netflix sich langweilig anfühlt.

Am Ende hat man das Gefühl, man hat nicht nur Zeit verloren, sondern auch Gehirnzellen. Ein Sommerinterview mit Merz ist nämlich kein Gespräch – es ist eine Live-Demonstration dafür, wie man mit Worthülsen ein Vakuum erzeugt, das trotzdem klingt, als würde es wichtig sein.

Creative Commons Lizenz
🔗 Hinweis für Redaktionen und Blogbetreiber:
Wenn Sie diesen Beitrag informativ finden, dürfen Sie ihn gerne zitieren oder verlinken.
Ich freue mich über jede Weiterverbreitung und sachliche Diskussion. Wenn dir der Beitrag gefallen hat, teile ihn auf bluesky, X, telegram oder "Faxbuch" (für die Boomer - Faxbuch = Facebook = fäissbuck)

⚖️ Bitte geben Sie bei Übernahme die Quelle an: meinekommentare.blogspot.com

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Mit Vollgas in die Bedeutungslosigkeit – Der Bundesparteitag der SPD, Juni 2025

Vom 27. bis 29. Juni 2025 versammelt sich die SPD in einer Halle irgendwo zwischen pragmatischer Verzweiflung und nostalgischem Sozialdemokratieschmerz zum Bundesparteitag. Man nennt es ein "Zusammenkommen", obwohl der innere Zustand der Partei eher an einen Stuhlkreis mit Flipchart erinnert, auf dem in roter Filzschrift steht: "Wir schaffen das – irgendwann". Thema des Parteitags: "Zukunft gestalten" – was ungefähr so viel Substanz hat wie ein feuchter Toast mit Aufdruck "Mut zur Mitte". Der Parteivorstand wird vermutlich mit PowerPoint-Präsentationen versuchen, dem Parteivolk zu erklären, warum 14% in den Umfragen ein Erfolg sind und wie man das als Mandat zur Regierungsführung deuten könnte. Olaf Scholz, der immer noch wirkt wie ein humanoider Ausdruck eines Behördenschreibens aus den 90ern, wird mit Lars Klingbeil ein "Zeichen der Erneuerung" setzen, indem er exakt dasselbe sagt wie 2021, nur diesmal mit leicht verzweifeltem Augenau...

"Stolzmonat" als rechte Hetzkampagne gegen den Pride Month

  Gestern endete der Juni, weltweit als Pride Month bekannt – ein Monat, in dem queere Menschen ihre Identität feiern, Sichtbarkeit fordern und gegen Diskriminierung demonstrieren. Mit Paraden, kulturellen Veranstaltungen und politischen Aktionen erinnern LGBTQIA+-Gemeinschaften und ihre Unterstützer an die Stonewall-Aufstände von 1969 in New York – ein Wendepunkt im Kampf für die Rechte sexueller und geschlechtlicher Minderheiten. Doch seit einigen Jahren wird der Pride Month gezielt von rechtspopulistischen und extrem rechten Akteuren angegriffen. Eine besonders perfide Strategie rechtsextremer und rechtspopulistischer Akteure ist die Erfindung eines sogenannten „Stolzmonats“ (englisch: "Straight Pride Month"), der als vermeintlich gleichwertiges Gegenstück zum Pride Month inszeniert wird. Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich jedoch eine gezielte homofeindliche Kampagne, die in ideologischer Nähe zu kulturkämpferischen, autoritär geprägten Weltbildern steht und bewusst d...

Braucht Deutschland einen Veteranentag?

Deutschland hat jetzt also tatsächlich einen Veteranentag eingeführt. Wunderbar. Nur 80 Jahre nach Kriegsende, man will sich ja nicht hetzen. Seit 2025 begeht Deutschland nun offiziell einen Veteranentag – jedes Jahr am 15. Juni oder am davorliegenden Wochenende. Ein historischer Schritt in einem Land, das sich schwer damit tut, sein Verhältnis zum Militär neu zu denken. Doch so richtig angekommen ist dieser Tag in der gesellschaftlichen Mitte noch nicht. Der Veteranentag soll Soldatinnen und Soldaten würdigen, die in Auslandseinsätzen gedient haben – als Anerkennung für ihre oft übersehene Leistung.  Doch statt Applaus herrscht vielerorts Achselzucken. Der Begriff „Veteran“ klingt für viele Deutsche noch immer nach amerikanischem Pathos, nach Kriegsverherrlichung, nicht nach Fürsorge und gesellschaftlicher Verantwortung. Die Frage ist also nicht mehr,  ob  Deutschland einen Veteranentag braucht – sondern  wie  es diesen Tag mit Inhalt füllt. Ein Veteranentag da...