Zwischen Warnung und Wegweiser – Eine kritische Analyse der sozialdemokratischen Orientierungspflicht
Die gegenwärtige Lage sozialdemokratischer Parteien in Europa gibt Anlass zur Sorge – besonders das Schicksal der französischen „Parti socialiste“ ist ein mahnendes Beispiel für programmatische Entleerung und politische Orientierungslosigkeit. Auch in Deutschland steht die SPD vor der Herausforderung, in Krisenzeiten Orientierung zu geben und Verantwortung zu übernehmen – nicht nur im nationalen, sondern auch im europäischen Maßstab. Diese Orientierung muss sich in einem klaren Einsatz für soziale Gerechtigkeit, eine progressive Wirtschaftspolitik, den Schutz demokratischer Institutionen und eine solidarische Europapolitik zeigen. Andernfalls droht, dass zentrale Ideale der Sozialdemokratie zwischen rechten Pseudoantworten und liberaler Technokratie zerrieben werden.
Der politische Kontext ist beunruhigend: der Bürgerkrieg in Syrien, der Aufstieg nationalistischer Rechtspopulisten in Ungarn und Italien, das abrupte Schrumpfen sozialdemokratischer Parteien in Frankreich, Spanien und den Niederlanden – und auch das historische Tief der SPD bei der letzten Bundestagswahl mit nur 20 Prozent. All diese Entwicklungen unterstreichen: Es braucht ein neues, glaubwürdiges SPD-Programm. Eines, das nicht nur parteiinternen Aufarbeitungsprozessen dient, sondern auch als politische Antwort auf die europäischen Herausforderungen wirkt.
Die Beispiele aus Frankreich sind deutlich: Ein Viertel der PS-Mitglieder ist zu Macrons Bewegung übergelaufen, ein weiteres Viertel hat sich dem radikalen Lager um Mélenchon zugewandt, während sich die Jugend dem Reformprojekt Benoît Hamons anschließt. Die verbliebene Parteibasis ringt unter Olivier Faure ums politische Überleben – organisatorisch, ideologisch und finanziell. Währenddessen verfolgt Macron seine neoliberalen Umbaupläne unter dem Deckmantel der Modernisierung – ein Politikstil, der den Staat wie ein Unternehmen behandelt und dabei gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet.
Für die SPD ergibt sich daraus eine doppelte Lehre: Erstens darf sie nicht in die Falle tagespolitischer Beliebigkeit tappen, sondern muss programmatische Klarheit mit ideologischer Standfestigkeit verbinden. Zweitens muss sie insbesondere jüngere Generationen wieder für ihre Ideen gewinnen – mit glaubwürdigen Positionen zur Klimagerechtigkeit, zur Bildungs- und Wohnungspolitik sowie zur digitalen Teilhabe. Der französische Weg zeigt, wie schnell eine ehemals prägende Partei politisch marginalisiert werden kann, wenn sie keine klare Haltung mehr verkörpert.
Gerade deshalb ist es an der SPD, diesem Trend ein starkes Gegenmodell entgegenzusetzen: Ein Programm mit klaren Zielen und sozialdemokratischer Handschrift für Deutschland und Europa. Eine Wahrheit bleibt: Jede konkrete Verbesserung im Leben der Menschen zählt. Europa hat ein Anrecht auf diese Orientierung.
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