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China–Indien–Russland: Europas Antwort in der multipolaren Welt


Die sichtbare Annäherung zwischen China und Indien sowie die enge Taktung Pekings mit Moskau markieren keine feste Allianz – sondern einen funktionalen Anti-Hegemonialismus. Die drei Staaten kooperieren dort, wo es ihren Handlungsspielraum gegenüber dem Westen vergrößert. Für Europa folgt: Handlungsfähigkeit entsteht nicht aus Moralrhetorik, sondern aus Resilienz, Angebotspolitik und kluger Partnerschaft mit dem Globalen Süden.

Was sich verschiebt – und was bleibt

  • Machtprojektion: China nutzt ökonomische Reichweite und technologische Standardsetzung; Russland bindet sich vertikal an chinesische Nachfrage; Indien balanciert zwischen allen Lagern.

  • Kein Block, sondern Geometrie: Nähe ja, Bündnis nein. Das Dreieck bleibt von Rivalitäten (Grenzen, Märkte, Technologiezugang) durchzogen – ausreichend, um Freiräume für Europa zu eröffnen.

  • Forumspolitik: BRICS und SCO dienen als Koordinationsräume des „Nicht-Westens“; die G20 verliert Monopolcharakter. Europa muss themenflexibler agieren.

Konsequenzen für Europa (und Deutschland)

  1. De-Risking 2.0 statt Entkopplung
    Kritische Vorprodukte dual sourcen (Pharmawirkstoffe, Batterievormaterial, Halbleiter-Ecosysteme). Exportkontrollen EU-weit harmonisieren, No-Go-Zonen klar definieren.

  2. Indien als struktureller Partner
    Co-Location von Fertigung gegen Marktzugang; gemeinsame Labs (Energie, Agritech, Medtech); legale Fachkräftepfade. Indien bleibt autonom – genau deshalb ist es wertvoll.

  3. China-Leitplanken
    Dialog zu Klima/Finanzstabilität offen halten; kritische Infrastrukturen, Dual-Use und sensible Daten schützen; Planbarkeit für Unternehmen schaffen.

  4. Russland-Resilienz
    Langkriegsszenario einpreisen; Sanktionsdurchsetzung über Transitkorridore priorisieren; Sicherheitszusagen für die Ukraine mehrjährig budgetieren.

  5. Angebot an den Globalen Süden
    Schuldenumstrukturierung, verlässliche Infrastrukturfinanzierung, Energie-Abnahmegarantien (grüner Ammoniak/Wasserstoff) und digitale öffentliche Güter (Zahlungsrails, e-ID).

Drei plausible Szenarien bis 2030

  • Blockfreie Multipolarität (wahrscheinlich): Balancieren dominiert; Europa bleibt erfolgreich, wenn es de-riskt und marktoffen bleibt.

  • Technosphären-Spaltung (mittel): Harte Exportregeln spalten Lieferketten; Europa muss eigene Stack-Teile finanzieren (Design, Packaging, Spezialmaschinen).

  • Krisenkaskade (niedrig-mittel): Regionale Eskalation (Taiwan/Golf) erzeugt Energie- und Logistikschocks; ohne Notfallinstrumente (Energie-Swaplinien, Frachthilfen) verliert Europa Handlungsspielraum.

Europa gewinnt, wenn es die eigene Attraktivität erhöht: bezahlbare Energie, schnelle Genehmigungen, planbare Industriepolitik – erst dann überzeugen Werte wieder durch Nutzen.


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