Direkt zum Hauptbereich

BLÖD - Der Faktencheck - Wottsäpp-Gruppen – das kommunikative Massengrab für Restintelligenz


Es war einmal ein Konzept namens Kommunikation. Ursprünglich bedeutete das etwas Wunderbares: Menschen tauschten Gedanken aus, hörten einander zu, reagierten aufeinander, entwickelten Ideen weiter – mit dem Ziel, sich zu verstehen. Naiv, ich weiß. Inzwischen ist Kommunikation zu einem inhaltsleeren Buzzword verkommen, das von denselben Menschen verwendet wird, die glauben, das Weiterleiten eines schlechten Memes sei ein wertvoller Beitrag zur Weltgemeinschaft.

Lassen wir also kurz die Vernunft walten und klären das Grundprinzip: Kommunikation basiert auf gegenseitigem Verstehen, auf Resonanz, auf dem Willen zur Auseinandersetzung mit dem Gegenüber. Sie ist kein Einbahnstraßen-Megaphon für dein ungefragtes Horoskop, keine psychologische Selbsthilfegruppe für Onkel Uwe und seine Impftheorien, und schon gar nicht ein Sammelbecken für 256 Leute, die alle gleichzeitig „😂😂😂“ schicken und glauben, das sei soziale Interaktion.

Was stattdessen passiert, nennt sich digitale Geräuschkulisse.
Und sie hat ein Zuhause: Wottsäpp-Gruppen.

Willkommen in der geistigen Endstufe menschlichen Miteinanders.
Hier brüllen alle durcheinander, niemand liest was, und wer einen zusammenhängenden Satz schreibt, wird sofort als elitär, arrogant oder „komisch“ abgestempelt. Die Wottsäpp-Gruppe ist kein Ort des Austauschs – sie ist ein Ort der passiv-aggressiven Statuspflege, des Gruppenzwangs, und vor allem: der narzisstischen Dauerbespielung.

Jeder glaubt, seine Meinung sei relevant, sein Urlaubsfoto sei sehenswert, sein „Tipp gegen Rückenschmerzen“ sei medizinisch revolutionär. Und wehe dem, der den Fehler begeht, höflich zu sagen: „Ich bin nicht interessiert.“ Dann tobt der digitale Mob – meist angeführt von der selbsternannten Admin-Tante (oder Admin-Onkel), die ihren kompletten Selbstwert aus der Organisation des Geburtstagsgeschenks für "den Thomas aus der Buchhaltung" bezieht.

Und wer liefert uns diese Theaterbühne für zwischenmenschliches Elend? Der META-Konzern.
Jene kybernetische Krake, die es geschafft hat, aus unserer Gier nach Relevanz und Aufmerksamkeit ein Milliardenbusiness zu machen. Statt Räume für echten Dialog zu schaffen, hat Meta uns ein Ökosystem gebaut, in dem wir uns gegenseitig mit Sprachnachrichten über 4 Minuten foltern dürfen, in denen nichts passiert außer Atemgeräusche und „Ähhh…“s.

Die Mehrheit der Nutzer – also jene heldenhafte Masse, die stolz 17 Kettenbriefe pro Woche weiterleitet – hält das tatsächlich für „sich austauschen“. Dabei ist es nichts weiter als eine Form digitaler Masturbation mit Publikum, bei der jeder nur auf den nächsten Anlass wartet, sich selbst wichtig zu nehmen.

In Wahrheit hassen wir alle diese Gruppen.
Niemand will sie, niemand braucht sie, und doch sind wir alle drin – aus sozialer Feigheit, chronischem FOMO (Boomerhinweis: fear of missing out = Angst etwas Wichtiges zu verpassen) oder weil „es halt praktisch ist, wenn man weiß, wer beim Grillfest was mitbringt“. (Spoiler: Niemand bringt Salat. Alle bringen Bier. Und schlechte Laune.)

Am Ende bleibt die Erkenntnis:
Kommunikation ist ein Ideal.
Wottsäpp-Gruppen sind ein Unfall.
Und wer glaubt, dass das eine etwas mit dem anderen zu tun hat, dem wünsche ich viel Spaß beim Verfassen der nächsten „Wünsche euch allen einen schönen Start in die Woche 😊“-Nachricht, die exakt niemand liest, geschweige denn beantwortet.

Aber hey – Hauptsache, es gibt neue Sticker.


 

💬 Hinweis für Redaktionen und Blogbetreiber

Wenn Sie diesen Beitrag informativ finden, dürfen Sie ihn gerne zitieren oder verlinken.

Ich freue mich über jede Weiterverbreitung und sachliche Diskussion.

❦ Bitte geben Sie bei Übernahme die Quelle an:
meinekommentare.blogspot.com

*Hinweis gemäß Art. 52 DSA (digital service act der EU) – seit 01.08.2025 verpflichtend: Das verwendete Bild- und Grafikmaterial ist KI-generiert. Ausnahmen sind unter dem jeweiligen Objekt gekennzeichnet.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Mit Vollgas in die Bedeutungslosigkeit – Der Bundesparteitag der SPD, Juni 2025

Vom 27. bis 29. Juni 2025 versammelt sich die SPD in einer Halle irgendwo zwischen pragmatischer Verzweiflung und nostalgischem Sozialdemokratieschmerz zum Bundesparteitag. Man nennt es ein "Zusammenkommen", obwohl der innere Zustand der Partei eher an einen Stuhlkreis mit Flipchart erinnert, auf dem in roter Filzschrift steht: "Wir schaffen das – irgendwann". Thema des Parteitags: "Zukunft gestalten" – was ungefähr so viel Substanz hat wie ein feuchter Toast mit Aufdruck "Mut zur Mitte". Der Parteivorstand wird vermutlich mit PowerPoint-Präsentationen versuchen, dem Parteivolk zu erklären, warum 14% in den Umfragen ein Erfolg sind und wie man das als Mandat zur Regierungsführung deuten könnte. Olaf Scholz, der immer noch wirkt wie ein humanoider Ausdruck eines Behördenschreibens aus den 90ern, wird mit Lars Klingbeil ein "Zeichen der Erneuerung" setzen, indem er exakt dasselbe sagt wie 2021, nur diesmal mit leicht verzweifeltem Augenau...

Braucht Deutschland einen Veteranentag?

Deutschland hat jetzt also tatsächlich einen Veteranentag eingeführt. Wunderbar. Nur 80 Jahre nach Kriegsende, man will sich ja nicht hetzen. Seit 2025 begeht Deutschland nun offiziell einen Veteranentag – jedes Jahr am 15. Juni oder am davorliegenden Wochenende. Ein historischer Schritt in einem Land, das sich schwer damit tut, sein Verhältnis zum Militär neu zu denken. Doch so richtig angekommen ist dieser Tag in der gesellschaftlichen Mitte noch nicht. Der Veteranentag soll Soldatinnen und Soldaten würdigen, die in Auslandseinsätzen gedient haben – als Anerkennung für ihre oft übersehene Leistung.  Doch statt Applaus herrscht vielerorts Achselzucken. Der Begriff „Veteran“ klingt für viele Deutsche noch immer nach amerikanischem Pathos, nach Kriegsverherrlichung, nicht nach Fürsorge und gesellschaftlicher Verantwortung. Die Frage ist also nicht mehr,  ob  Deutschland einen Veteranentag braucht – sondern  wie  es diesen Tag mit Inhalt füllt. Ein Veteranentag da...

"Stolzmonat" als rechte Hetzkampagne gegen den Pride Month

  Gestern endete der Juni, weltweit als Pride Month bekannt – ein Monat, in dem queere Menschen ihre Identität feiern, Sichtbarkeit fordern und gegen Diskriminierung demonstrieren. Mit Paraden, kulturellen Veranstaltungen und politischen Aktionen erinnern LGBTQIA+-Gemeinschaften und ihre Unterstützer an die Stonewall-Aufstände von 1969 in New York – ein Wendepunkt im Kampf für die Rechte sexueller und geschlechtlicher Minderheiten. Doch seit einigen Jahren wird der Pride Month gezielt von rechtspopulistischen und extrem rechten Akteuren angegriffen. Eine besonders perfide Strategie rechtsextremer und rechtspopulistischer Akteure ist die Erfindung eines sogenannten „Stolzmonats“ (englisch: "Straight Pride Month"), der als vermeintlich gleichwertiges Gegenstück zum Pride Month inszeniert wird. Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich jedoch eine gezielte homofeindliche Kampagne, die in ideologischer Nähe zu kulturkämpferischen, autoritär geprägten Weltbildern steht und bewusst d...