Die gescheiterte Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin hat mehr offenbart als bloßen Dissens über eine Personalie. Sie zeigt ein strukturelles Problem der derzeitigen CDU-Führung: Friedrich Merz steht einem Fraktionschef gegenüber, dessen politischer Instinkt nicht auf Konsens, sondern auf Polarisierung zielt. Jens Spahn hat mit seiner aggressiven Kulturkampfrhetorik nicht nur die Koalitionsdisziplin unterlaufen, sondern den innerparteilichen Kurs der Union in eine Richtung verschoben, die zunehmend an US-amerikanische Verhältnisse erinnert.
Eine gescheiterte Wahl – und was dahinter steht
Was als gewöhnlicher Abstimmungsprozess begann, endete in einer Blockade. Die SPD hatte mit Brosius-Gersdorf eine erfahrene Juristin vorgeschlagen – einst Verfassungsrichterin in Niedersachsen, nun Kandidatin für Karlsruhe. Doch statt inhaltlicher Auseinandersetzung folgte ein von Teilen der Union orchestrierter Widerstand, gestützt auf Plagiatsvorwürfe und ihre Haltung zum §218. Die Wahl wurde kurzfristig abgesagt. Der Eklat war perfekt.
Die SPD reagierte mit einem Gesprächsangebot, das von der CDU/CSU ausgeschlagen wurde. Kritik kam nicht nur von den Koalitionspartnern, sondern auch aus dem eigenen Lager: Man habe eine Personalfrage zum kulturpolitischen Schauplatz gemacht – auf Kosten der Verfassungsinstitutionen.
Spahns „Wolfstanz“ – populistisch, parteischädlich
Der ZEIT-Artikel „Der Wolfstanz“ trifft einen Nerv: Jens Spahn, so der Tenor, hat aus einem juristischen Vorgang ein symbolpolitisches Spektakel gemacht. Seine Rhetorik folgt nicht dem Stil staatstragender Konservativer, sondern gleicht eher den Lautsprechern rechtspopulistischer Strategien. Spahn nutzt Emotion, wo Sachlichkeit nötig wäre, Inszenierung, wo Vermittlung geboten ist. Das Kalkül: Mobilisierung durch Polarisierung.
Diese Taktik destabilisiert jedoch nicht nur die Koalition, sondern auch das Machtgefüge innerhalb der CDU. Friedrich Merz wirkt zunehmend wie ein Kanzler ohne Griff zur eigenen Fraktion. Wo Spahn agiert, schweigt Merz – oder wirkt getrieben.
Was auf dem Spiel steht
Wenn Personalentscheidungen für das Bundesverfassungsgericht nach parteipolitischer Opportunität behandelt werden, leidet nicht nur das Verfahren, sondern das Vertrauen in die Unabhängigkeit unserer Institutionen. Das Verfassungsgericht ist kein Ort für Gesinnungstests. Wer seine Besetzung an den Pranger stellt, spielt mit dem Fundament unserer Rechtsordnung.
Hinzu kommt: Die Koalition steht ohnehin auf wackligem Grund. Streit um Stromsteuer, Mütterrente, Verteidigungsausgaben – nun auch noch eine schwer vermittelbare Hängepartie in Karlsruhe. Die Ampel war oft uneins, doch die schwarz-rote Koalition wirkt zunehmend unberechenbar.
Ergebnis - Rückgewinnung staatspolitischer Vernunft nötig
Spahns Kulturkampfstrategie mag kurzfristig mobilisieren, doch sie schwächt langfristig die politische Glaubwürdigkeit der CDU. Friedrich Merz muss sich entscheiden: Will er Kanzler einer staatstragenden Union bleiben – oder Beobachter eines populistisch driftenden Flügels sein?
Die CDU täte gut daran, Gespräche mit der SPD zuzulassen und die Institutionen nicht zum Austragungsort parteipolitischer Profilierung zu machen. Der Schaden ist bereits spürbar – die Deeskalation überfällig.
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Meine Quellen:
- DIE ZEIT (12.07.2025): Friedrich Merz und Jens Spahn – Der Wolfstanz.
- tagesschau.de (11.07.2025): SPD-Kandidatin fürs Verfassungsgericht – Wahl verschoben, Koalitionskrach droht.
- Süddeutsche Zeitung (11.07.2025): Union lässt SPD-Kandidatin Brosius-Gersdorf durchfallen.
- dpa/FAZ/Handelsblatt: Pressespiegel zur Reaktion aus SPD, Grünen, Linken.

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