Benjamin Netanjahu: Politische Karriere, Kontroversen und Vermächtnis des langjährigen israelischen Premierministers
Als Offizier der Eliteeinheit Sajeret Matkal nahm Netanjahu an riskanten Einsätzen gegen palästinensische und libanesische Ziele teil, wurde zweimal verwundet und diente 1973 im Jom-Kippur-Krieg. Nach der Armee erwarb er am MIT einen Bachelor in Architektur sowie einen Management-Master und belegte Politikwissenschaftskurse an Harvard. Kurzzeitig arbeitete er für die Boston Consulting Group, bevor er 1984–88 Israels Botschafter bei den Vereinten Nationen wurde und sich dort als wortgewandter Gegner des Terrorismus profilierte.
1993 übernahm Netanjahu die Führung des rechtskonservativen Likud und gewann 1996 als erster direkt gewählter Premierminister. Innenpolitisch setzte er auf marktwirtschaftliche Reformen; außenpolitisch unterzeichnete er das Hebron-Abkommen (1997) und das Wye-River-Memorandum (1998), die begrenzte Gebietsabgaben an die Palästinensische Autonomiebehörde regelten. Den Regierungswechsel 1999 zu Ehud Barak interpretierte Netanjahu als Lehrstück für die Notwendigkeit eines härteren Sicherheitskurses.
Ab 2003 prägte Netanjahu als Finanzminister eine radikal neoliberale Agenda, die Steuern senkte, Subventionen kürzte und die Hochtechnologiebranche stärkte. 2009 kehrte er in die Staatsführung zurück und blieb – nach vier Wahlsiegen – bis 2021 im Amt, länger als jeder israelische Premier vor ihm. Die Ära war geprägt von Siedlungsausbau, einer globalen Kampagne gegen Irans Atomprogramm und von Netanjahus Teilnahme an den „Abraham-Abkommen“ (2020), welche Normalisierungen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain, Marokko und Sudan einleiteten.
Nach einer Oppositionsphase (2021–22) schmiedete Netanjahu Ende 2022 eine rechts-religiöse Koalition. Sein Versuch, die Befugnisse des Obersten Gerichts per „Justizreform“ einzuschränken, mobilisierte seit Januar 2023 die größten Proteste der Landesgeschichte. Obwohl die Reform wegen des Gaza-Kriegs zwischenzeitlich ruhte, verabschiedete die Knesset im April 2025 erneut ein Gesetz zur politischen Kontrolle der Richter – von Kritiker*innen als „Staatsstreich“ gebrandmarkt.
Der 7. Oktober 2023 markierte eine Zäsur: Der Hamas-Angriff forderte 1 200 israelische Todesopfer und führte zu einem 15-monatigen Krieg in Gaza. Ein von USA, Ägypten und Katar vermittelter Waffenstillstand im Januar 2025 brach rasch zusammen; parallel eskalierte ein offener Schlagabtausch mit Iran, der Netanjahu innenpolitisch zeitweilig nutzte.
Gleichzeitig lasten schwere juristische Verfahren auf ihm: Seit Mai 2020 steht Netanjahu in drei Fällen wegen Betrugs, Untreue und Bestechlichkeit vor Gericht; die Verteidigung begann Ende 2024. Am 21. November 2024 erließ der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehle gegen Netanjahu und Ex-Verteidigungsminister Yoav Gallant wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Gazastreifen.
Privat ist Netanjahu seit 1991 mit der Psychologin Sara Ben-Artzi verheiratet; das Paar hat die Söhne Jair und Avner. Sein älterer Bruder Yonatan („Yoni“) fiel 1976 als Kommandeur der Entebbe-Geiselbefreiung – ein Trauma, das Netanjahu als Triebfeder seines kompromisslosen Sicherheitskurses beschreibt. Neben seiner politischen Karriere verfasste er mehrere Bücher, darunter „Fighting Terrorism“ (1995), und bleibt bis heute eine zugleich verehrte wie polarisierende Ikone der israelischen Politik.
Meine Quellen:
Bundeszentrale für politische Bildung (bpb): → „Benjamin Netanjahu – Israels starker Mann“ https://www.bpb.de/themen/asien/israel/507274/benjamin-netanjahu/ (Stand: 2023)
Der Spiegel (Dossier Netanjahu): → https://www.spiegel.de/thema/benjamin_netanjahu/
Deutschlandfunk – Hintergrund: → „Netanjahu – Der Überlebenskünstler der israelischen Politik“ https://www.deutschlandfunk.de/netanjahu-israel-portraet-100.html
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